Mobility:
Autonome Straßenbahn im Depot
Bild: Karlsruher Institut für Technologie
Den nächsten Meilenstein für autonome Verkehrssysteme strebt das Projekt „Autonome Straßenbahn im Depot“ (AStrid) als Ziel an: Die Vollautomatisierung eines Straßenbahndepots auf Basis einer autonom fahrenden Tram und eines digitalen Betriebshofes. Das Karlsruher Institut für Technolgie (KIT) und Industriepartner starten nun die Entwicklungsarbeit, die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Rahmen der Förderrichtlinie Modernitätsfonds („mFUND“) für drei Jahre gefördert wird.
Die Umsetzung des Forschungs- und Entwicklungsprojekts erfolgt auf dem Betriebshof des Verkehrsbetriebs Potsdam. Ziel ist die Entwicklung eines digitalen Betriebshofes auf Basis einer autonom fahrenden Tram. Die technische Machbarkeit wird mit autonomen Servicefahrten zu einem Abstellgleis demonstriert, beispielsweise durch eine Waschanlage. Mittelfristig soll die Depotautomatisierung als eine erste Stufe des autonomen Fahrens kommerziell nutzbar gemacht werden. Bei der Entwicklung soll von Anfang an berücksichtigt werden, welche rechtlichen Rahmenbedingungen für die Genehmigung und den Betrieb einer autonom fahrenden Straßenbahn zu beachten sind und in welchen ökonomischen Rahmen ein operativer Betrieb abzubilden wäre. Das Projekt AStriD startet im Oktober 2019, die Projektdauer beträgt drei Jahre.
Die Projektpartner bei AStriD sind das KIT, Siemens Mobility, die Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH (ViP), das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM), die Codewerk GmbH und Mapillary. Die Partner haben das Projekt in verschiedene Arbeitspakete unterteilt:
Das KIT bringt die Expertise zur Spezifikation und Digitalisierung der Betriebshöfe, der Automatisierung von Prozessen und der Identifikation der dafür benötigen Daten ein. „Automatisierte Systeme werden sich gerade in der Mobilität aus der Nische heraus entwickeln. Ich sehe in einem weitgehend abgeschlossenen Betriebshof ein ideales Anwendungsfeld“, sagt Professor Eric Sax, Leiter des Instituts für Technik der Informationsverarbeitung des KIT.
Die Siemens Mobility GmbH realisiert die autonom fahrende Tram im Depot, die über den Data-Hub vom Partner Codewerk in die Daten- und Systemlandschaft eingebunden ist und sich auf Basis einer digitalen Karte des Projektpartners Mapillary lokalisiert. „Mit der Automatisierung von zeitintensiven Rangierprozessen im Betriebshof wollen wir unsere Kunden in Zukunft noch besser dabei unterstützen, eine nachhaltige Wertsteigerung über den gesamten Lebenszyklus sicherzustellen sowie Verfügbarkeit zu garantieren“ sagt Sabrina Soussan, CEO von Siemens Mobility.
Weiterhin stellt der Verkehrsbetrieb Potsdam das Fahrzeug und die Depot-Infrastruktur zur Verfügung, sie ermöglicht den Zugang zu den benötigten Daten, Systemen und Anlagen und bewertet die Ergebnisse aus Sicht eines Depotbetreibers. Die Automatisierung zeitintensiver Rangierprozesse wäre für den Betriebshof von Vorteil, darum gehe es nun um die Überprüfung, ob dies möglich sei, so Monty Balisch, Geschäftsführer der ViP.
Das IKEM ist für die Analyse und Bewertung der rechtlichen und ökonomischen Fragestellungen im Rahmen des Projekts verantwortlich. Hierzu gehört die Klärung, ob und wie der Betrieb genehmigt werden kann, da der Fahrer als Instanz der Verantwortung nun fehlt. Weiterhin muss die neue Technologie auch als Kostenfaktor betrachtet und bewertet werden.
Codewerk realisiert im Projekt die Cloud und Edge-Komponenten zur datentechnischen Integration aller Systeme. „Das automatische Fahren hat das Potenzial, den Schienenverkehr als Verkehrsmittel attraktiver zu machen. Mit AStriD wollen wir bei Codewerk in eine klimafreundliche Technologie investieren und unsere Wettbewerbsposition stärken“, sagt Christian Grund, Geschäftsführer von Codewerk.
Mapillary stellt eine cloudbasierte Online-Plattform zur gemeinschaftlichen Sammlung und öffentlichen Bereitstellung von Straßenbildern und -informationen bereit. Diese Daten werden mit künstlicher Intelligenz analysiert und zu digitalem Kartenmaterial verarbeitet. „Das Spektrum der Mobilität ändert sich und in den kommenden Jahren werden sowohl autonom fahrende Autos als auch Straßenbahnen am Verkehr teilnehmen, wodurch völlig neue Anforderungen an digitale Karten entstehen. Karten werden nicht mehr nur für Menschen benötigt, um an ihr Ziel zu gelangen, sondern in digitaler Form ebenso für verschiedene Fahrzeuge, die ihre Routen autonom absolvieren werden. Hier kommt Mapillarys Expertise in der Auswertung von Bildern aus dem öffentlichen Raum ins Spiel. Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz bei der Bildanalyse ermöglichen wir es der Straßenbahn, ihre Umgebung eigenständig zu erkennen und zu verstehen“, sagt Peter Kontschieder, Wissenschaftlicher Leiter von Mapillary.