Die Bundesregierung hat im November 2018 ihr Strategiepapier zur künstlichen Intelligenz verabschiedet. Diese im Grundsatz richtige und wichtige Initialzündung bietet viele wichtige Inhalte, erfordert jedoch auch eine trennscharfe Betrachtung der einzelnen Begriffe.
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Eine Ende 2017 vom Marktforschungsunternehmen Wakefield Research durchgeführte und 2018 von Avanade veröffentlichte Erhebung unter internationalen Führungskräften hat ergeben, dass 98 Prozent der befragten deutschen Unternehmen KI als das Phänomen des Zeitgeistes erachten. Demnach sei zum Beispiel die intelligente Automatisierung (IA), die Abläufe etwa mit humanisierenden Interaktionsformen wie der Verarbeitung natürlicher Sprache verbessert, eher eine Modeerscheinung. Laut der Studie geht ein Drittel der weltweit Befragten davon aus, dass KI im Bereich Manufacturing hilfreich sein kann; in Deutschland sind es hingegen nur 17 Prozent. Die Monetarisierung solcher Technologien erschien für die Befragten zumindest zum damaligen Zeitpunkt keine Option zu sein. Deutschland ist nach wie vor stark im Hardware-Umfeld, sprich im Maschinenbau und der daraus resultierenden physischen Produktion von Gütern. Im Bereich der IT-Innovationen tut sich der Markt hingegen weiterhin schwer. In Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit sollte KI jedoch zu einer Kernkompetenz bei begleitenden Prozessen und den eigentlichen Produkten werden.
Eingrenzung von KI
Eine abschließende Definition von KI gibt es dabei nicht. Die Bundesregierung unterscheidet in ihrem KI-Strategiepapier etwa zwischen schwacher und starker KI, wobei die starke Ausprägung die gleichen oder bessere intellektuellen Fähigkeiten wie ein Mensch hat; schwache KI hingegen bedeutet dort, dass konkrete Anwendungsprobleme gelöst werden und die verwendeten Systeme sich selbst verbessern können – auch mit der Nachbildung menschlicher Intelligenz. Im weiteren Verlauf rekurriert das Strategiepapier auf die schwache Variante und adressiert dabei fünf Eckpunkte:
- • Deduktionssysteme, maschinelles Beweisen: Ableitung (Deduktion) formaler Aussagen aus logischen Ausdrücken, Systeme zum Beweis der Korrektheit von Hardware und Software,
- • Wissensbasierte Systeme: Methoden zur Modellierung und Erhebung von Wissen, Software zur Simulation menschlichen Expertenwissens und Unterstützung von Experten (ehemals Expertensysteme), zum Teil auch verbunden mit Psychologie und Kognitionswissenschaften, Musteranalyse und Mustererkennung: induktive Analyseverfahren allgemein, insbesondere auch maschinelles Lernen,
- • Robotik: autonome Steuerung von Robotik-Systemen, also autonome Systeme,
- • Intelligente multimodale Mensch-Maschine-Interaktion: Analyse und Verstehen von Sprache (in Verbindung mit Linguistik), Bildern, Gestik und anderen Formen menschlicher Interaktion.
KI kondensiert auf die Anwendung
Für betroffene Unternehmen ist ein leicht veränderter Blickwinkel sinnvoll. Vor diesem Kontext gibt es drei zentrale Aspekte, die eine KI beschreiben:
- • Verstehen: die Bedeutung von Daten begreifen, also Text, Stimme und Bilder,
- • Schlussfolgern: im Zeitverlauf aus Schlüssen lernen, die auf nicht perfekten Daten basieren,
- • Interagieren: ’natürliche‘ Nutzerschnittstellen mit Menschen erzeugen.
Somit ist die Entstehung eines Systems gemeint, das Verhaltensweisen ändern kann, ohne explizit für diese Anpassung programmiert zu sein. Die Grundlage dafür bieten gesammelte Daten, Nutzeranalysen und weitere Beobachtungen. Das Ziel sollte stets eine KI sein, die auf den Menschen ausgerichtet ist – im englischen Sprachgebrauch auch ‚human-centered AI‘. Das bedeutet, dass intelligente Anwendungsfälle entstehen, bei denen Mensch und Maschine zusammenarbeiten. Damit ist auch die weit verbreitete Furcht hinfällig, die intelligente Maschine könne den Menschen vollständig ersetzen. Dieser Auffassung folgt übrigens auch die Bundesregierung in ihrem Strategiepapier: Es geht darum, Menschen zu entlasten und ihnen dadurch Freiräume für kreatives Handeln zu eröffnen.