Benteler und das Fraunhofer IEM kooperieren für eine Qualitätsprüfung mit Künstlicher Intelligenz

Produktionsfehler: KI findet die Nadel im Heuhaufen

In der Qualitätsprüfung ist Zeit ein wichtiger Faktor: Wer Fehler rechtzeitig findet, kann sie effektiv und kostensparend beheben. Gemeinsam mit dem Fraunhofer IEM setzt der Automobilzulieferer Benteler dafür in der Warmumformung von Fahrzeugteilen auf Echtzeit-Sensordaten und Künstliche Intelligenz. Damit können Produktionsfehler schneller erkannt, behoben und zukünftig sogar vermieden werden.
Benteler und das Fraunhofer IEM entwickelten eine intelligente Anomalie-Erkennung für Strukturbauteile.
Benteler und das Fraunhofer IEM entwickelten eine intelligente Anomalie-Erkennung für Strukturbauteile.Bild: Benteler International AG

In der Warmumformung am Paderborner Produktionsstandort produziert Benteler beispielsweise Strukturbauteile für Fahrgastzellen. Dabei kann es in seltenen Fällen zu Mängeln der mechanischen Kennwerte oder in der Geometrie der Bauteile kommen. Um diese Fehler künftig schneller zu identifizieren, erarbeiteten der Automobilzulieferer und das Fraunhofer IEM eine intelligente Anomalie-Erkennung.

Dafür gleicht eine Künstliche Intelligenz Live-Sensordaten wie die Kühlwassertemperatur und -menge aus der Produktion mit Simulationsdaten ab und berücksichtigt zusätzliche Faktoren wie Umgebungsbedingungen und Produktionseinstellungen. Ebenfalls liefern Thermografiekameras kontinuierlich Informationen über die Wärmeverteilung in den Bauteilen. Auf dieser Basis leistet die KI Hilfe bei der Entscheidung, welche Produkte die Mitarbeitenden in eine zusätzliche Qualitätsprüfung geben sollten.

Die intelligente Anomalie-Erkennung in 4 Schritten

Sensorik erfasst Produktionsdaten

Abgleich von Sensor- und Simulationsdaten

Künstliche Intelligenz bewertet Produkt als normal oder anormal

Mitarbeitende entscheiden, ob das Produkt zusätzlich ins Prüflabor geschickt wird

„In unserer Forschung stellen wir heraus, welche Kennzeichen für das Aufdecken von Anomalien in der Produktion wichtig sind: Einfache Grenzwerte wie die Temperatur der Anlage reichen hier nicht aus. Entscheidend ist ein kombiniertes Auswerten verschiedener Faktoren. Die Anlagen-Temperatur steht beispielsweise in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur. Um diese Komplexität zu beherrschen, ist Künstliche Intelligenz genau das richtige Werkzeug“, erläutert Cederic Lenz, Wissenschaftler am Fraunhofer IEM.

Nutzen für Benteler

In der Qualitätsprüfung von Benteler wird täglich eine fest vorgeschriebene Anzahl von Qualitäts-Checks durchgeführt. Die nun prototypisch implementierte intelligente Anomalie-Erkennung gibt zuverlässig Hinweise auf wirklich fehlerhafte Produkte und macht das Qualitätsmanagement zielgerichteter und effizienter. Reklamationen werden so vermieden. „Der Einsatz Künstlicher Intelligenz automatisiert das sprichwörtliche Suchen nach der Nadel im Heuhaufen. Mit hoher Zuverlässigkeit schlägt sie Produkte zur Prüfung vor, die nachfolgend systematisch von unseren Mitarbeitenden geprüft werden“, erläutert Daniel Köchling, Manager bei Benteler.

„Im Rahmen des Projektes wurde eine prototypische Integration der entstandenen Algorithmen zur Prozessoptimierung und -vorhersage der Bauteilqualität in die ständige Überwachung der Fertigungsprozesse angestrebt. Die automatische Analyse der relevanten Produktionsparameter hilft uns, Unregelmäßigkeiten frühzeitig zu erkennen und darauf gezielt zu reagieren“, erläutert Philipp Steller, Plant Engineering Manager bei BENTELER Group.

Förderung im it’s OWL-Projekt ML4Pro2

Gefördert wurde die Zusammenarbeit von Benteler und Fraunhofer IEM von November 2018 bis März 2022 im Forschungsprojekt Maschinelles Lernen für die Produktion und deren Produkte (ML4Pro2) des Technologie-Netzwerks it’s OWL. Ziel des Projekts ist es, Unternehmen maschinelles Lernen für intelligente Produkte und Produktionsverfahren zugänglich zu machen.

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: Mitsubishi Electric Corporation, Japan
Bild: Mitsubishi Electric Corporation, Japan
KI-gestütztes Analysetool für moderne Produktionslinien

KI-gestütztes Analysetool für moderne Produktionslinien

Das Data-Science-Tool Melsoft MaiLab von Mitsubishi soll Unternehmen bei der Digitalisierung ihrer Fertigung und unterstützen und so deren Produktivität steigern. Die neue Lösung ist eine intuitive, bedienerzentrierte Plattform, die KI nutzt, um Abläufe automatisch zu verbessern. Sei es Abfallvermeidung durch geringere Ausschussmengen, weniger Stillstandszeiten durch vorbeugende Wartung oder Senkung des Energieverbrauchs durch Prozessoptimierung.

Bild: Fraunhofer IGD
Bild: Fraunhofer IGD
Software Arrange beschleunigt Absortierprozesse

Software Arrange beschleunigt Absortierprozesse

In Kombination mit einer Augmented-Reality-Brille bietet eine neue Software des Fraunhofer IGD digitale Unterstützung von Absortiervorgängen. Zusammengehörige Bauteile werden direkt im Sichtfeld der Beschäftigten an der Produktionslinie farblich überlagert. Anwender im Automotive-Bereich können so etwa durch beschleunigte Prozesse und eine minimierte Fehleranfälligkeit Kosten reduzieren.

Bild: Coscom Computer GmbH
Bild: Coscom Computer GmbH
Software-Plattform für KI und maschinelles Lernen

Software-Plattform für KI und maschinelles Lernen

Vermehrt interessieren sich Unternehmen dafür, auf Basis ihrer Fertigungsinformationen Verbesserungspotenziale in der Produktionsplanung und -steuerung zu heben. Maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz (KI) kann aber nur dann wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt werden, wenn alle relevanten Daten im Zugriff sind und deren Struktur zu den Anwendungen passen. Das Coscom-ECO-System soll eine Plattformökonomie als Basis für Business Intelligence (BI) bieten.