Wie KI in der Krise Wirtschaftsleistung unterstützen kann

Künstliche Intelligenz hat einen großen Einfluss auf die Zeit in der Corona-Krise, aber auch nach der Krise ist sie sehr hilfreich. Claudia Bünte ist Expertin auf dem Gebiet der KI und Professorin für 'International Business Administration' mit Schwerpunkt Marketing an der SRH in Berlin. 2016 gründete sie die Marketingberatung 'Kaiserscholle – Center of Marketing Excellence' und berät Top-Manager in Kernfragen der Markenführung und des Marketings.

Die DSGVO begrenzt in Europa bewusst die Möglichkeit, Daten zu analysieren mit dem Ziel, einen hohen persönlichen Datenschutz zu gewährleisten. Die Corona-Krise und die diskutierte Tracking-App zeigen, dass es eine feine Linie ist zwischen dem persönlichen Recht auf Schutz der eigenen Daten und dem Nutzen für die Gesellschaft, wenn Daten geteilt werden dürfen.“

Viele Menschen fürchten, durch die Automatisierung oder den Einsatz von KI ihren Job zu verlieren. Sind diese Sorgen gerechtfertigt oder werden neue Technologien eher unterstützend eingesetzt werden?

„Beides ist richtig. Verschiedene globale Studien gehen davon aus, dass in Summe über alle Industriezweige hinweg die Arbeit für Menschen insgesamt kaum weniger wird, sich aber umschichten wird. Wir haben an der SRH in Berlin hierzu Studien durchgeführt, die folgende Annahmen unterstützen:

Für die meisten Unternehmen wird sich KI eher so entwickeln, dass „nur“ Teilaufgaben wegfallen, beispielsweise das Bildersuchen bei Grafiker*innen. Dabei sind auch Aufgaben, zu denen man nicht wirklich Lust hat. 72% der Befragten unserer Studie unter Marketingmanager*innen sagen beispielsweise, dass die KI ihnen helfen wird, „lästige Routineaufgaben“ abzugeben. Das klingt doch gut. Dasselbe sehen wir bei unserer neuen, europäischen Studie im Großhandel. Auch hier freuen sich die befragten Manager*innen, dass lästige Routinen wegfallen – nur 29,1% der Befragten glauben, dass KI in Summe Arbeitsplätze kostet

Und wie immer, wenn es neue Technologien gibt, entstehen auch neue Aufgaben für Menschen. Wir beobachten das heute schon in China, wo KI unter anderem im Retail und im Marketing breit eingesetzt wird. Das Ergebnis ist, dass Konsument anspruchsvoller werden und immer bessere und individuellere Angebote der Marken erwarten.

Wer da nicht mithält, verliert Kund. Für die Firmen heißt das, immer schneller passende Produkte und Services zu entwickeln, zu produzieren und zu liefern. Für die Marketingabteilung bedeutet das, immer mehr und immer schneller relevanten Content zu generieren, um die Marke interessant und aktuell zu halten. Also auf der einen Seite eine Ersparnis von Routinearbeiten durch KI, auf der anderen Seite mehr neue Aufgaben durch anspruchsvollere Konsument*innen.“

Welche Maßnahmen und welche Menschen bzw. Fähigkeiten sind nötig, um mittels KI verschiedene Wirtschaftszweige wieder in die Spur zu bekommen?

„Corona wird allen Vorhersagen nach die Wirtschaft in eine Rezession ziehen, die einige Monate bis Jahre andauern wird. Und wir haben auch schon ohne Corona in Europa ein paar Herausforderungen für die Wirtschaft in den nächsten 10-20 Jahren, allen voran der ‚War of Talents‘ durch eine zunehmende Überalterung der Gesellschaft sowie die Digitalisierung der Wirtschaft. Viele Unternehmen, aber nicht alle (Stichwort Online-Handel), werden jetzt gezwungenermaßen aktiv werden müssen: Aus neuem, finanziellem Mangel durch Corona oder der Not heraus, für gute Mitarbeiter attraktiv zu werden. Und das auch noch in einem Umfeld, in dem Konsument*innen nicht unbedingt mehr konsumieren wollen als vor der Krise. Ich plädiere dafür, die Digitalisierung nicht als eine weitere Aufgabe für Unternehmen zu sehen, die gelöst werden muss, sondern in ihr eine mögliche Lösung zu suchen.

Wir haben die Wahl. Es geht um unsere Haltung: Wir können uns in Europa die Digitalisierung ansehen und feststellen, dass das Glas halbvoll oder halb leer ist. Wenn unsere Haltung ist, wir würden alle arbeitslos, ist das Glas halbleer und wird vermutlich auch völlig leer werden. Dann werden uns andere Regionen, allen voran China zeigen, wie man in einer digitalen Welt wirtschaftet und Kunden gewinnt. Oder wir entscheiden uns dafür, uns das Wasserglas mit Interesse anzusehen und festzustellen, dass wir zwar viele Dinge anpassen müssen in der Art, wie wir arbeiten, aber dass auch Potential in einem halbvollen Wasserglas ist. Dabei kann durchaus ein volles Wasserglas mit neuen, vielleicht sogar interessanteren Aufgaben statt lästigen Routinen entstehen.

Für Letzteres braucht es mehrere Elemente den unternehmerischen Mut, unbekannte Tools auszuprobieren – also weg von „das haben wir noch nie gemacht“. Den Willen, mit Partnern und Mitarbeitenden zu arbeiten, die aus dem Bereich der Data Science kommen. Und ein Projektmanagement, das nachverfolgt, wie die einzelnen Meilensteine erreicht werden. Eine weltweite Studie von McKinsey zu KI kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass viele Unternehmen künstliche Intelligenz für wichtig halten, aber die meisten in der Pilotierungsphase stecken bleiben. Daher scheint es wichtig, KI wie jedes neue Werkzeug auszuprobieren und den Erfolg eng zu managen.“

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