Pharma- und Life-Sciences-Industrie

Pharma- und Life-Sciences-Industrie

Künstliche Intelligenz – das Rezept der Zukunft

Unternehmen integrieren Anwendungen für Künstliche Intelligenz für immer mehr Aufgaben in den Arbeitsalltag ihrer Mitarbeiter. Das geht aus einer Studie des IT-Unternehmens Infosys hervor. Besonders im Pharma- und Life-Sciences-Bereich stellen Machine- und Deep-Learning-Methoden ein Patentrezept dar.
Die Überraschung war groß, als die Software des Deep-Learning-Pioniers Geoffrey Hinton es innerhalb von zwei Wochen fertigbrachte, unter Tausenden von Molekülen diejenigen zu identifizieren, die den größten Erfolg versprechen. Ziel dieses Wettbewerbs war es, Moleküle zu entdecken, die sich für neue Medikamente eignen. Die KI-Software stellte dabei alle anderen Verfahren in den Schatten. Unterdessen haben Wissenschaftler weitergeforscht, um die neuen technischen Möglichkeiten auch für lebensrettende Maßnahmen zu nutzen: Ärzte sowie Pharmaunternehmen hoffen, dass ihnen künstliche Intelligenz (KI) oder Deep-Learning-Systeme helfen können, präzisere Diagnosen zu stellen und gezielte Therapien zu finden. Außerdem soll die Wirkstoffforschung beschleunigt werden. Doch wie begegnen Unternehmer selbst diesen neuen Möglichkeiten? Eine Studie des IT-Unternehmens Infosys hat diesbezüglich insgesamt zehn Unternehmensbereiche analysiert: den Einzelhandel, Fast Moving Consumer Goods (FMCG), Versorgung, Finanzdienstleistungen, das Gesundheitswesen, Pharma und Life Sciences, die Produktion, Telekommunikation, die Automobil- sowie Luft- und Raumfahrtindustrie und den öffentlichen Sektor. Dabei erwies sich die Pharma- und Life-Sciences-Industrie am fortschrittlichsten in Bezug auf die Implementierung von KI im Arbeitsumfeld. Zudem zeigt sich diese Branche besonders offen gegenüber Änderungen in der Betriebsstrategie. Eine Mehrheit von 90 Prozent der Befragten aus diesem Geschäftssegment ist der Meinung, dass KI für den Erfolg der Unternehmensstrategie ausschlaggebend ist. Ferner geben 40 Prozent davon an, dass ihre Organisation bereits KI nutzt und diese auch erwartungsgemäß funktioniert.

Einsatz in Forschung und Entwicklung

In erster Linie setzen Pharma-Unternehmen dabei auf Robotik, Prozessautomatisierung, Machine Learning und Analytik zur Verbesserung der Ergebnisse bei der Arzneimittelentdeckung, für klinische Studien sowie im Forschungs- und Entwicklungsbereich. Weil die Nutzung von elektronischen Gesundheitsakten zunimmt, können KI-Technologien und Big Data dabei helfen, bessere Lösungen für die Datenverwaltung zu generieren und Datensilos abzuschaffen. Dabei geben 76 Prozent der Befragten an, dass sie Big Data bereits nutzen oder vorhaben, Lösungen zur Verarbeitung in nächster Zeit einzuführen. Doch das Stichwort Big Data führt auch zu Kontroversen.

Ethische Fragen im Blick behalten

Viele Diskussionen über KI im Gesundheitswesen wenden sich früher oder später der Frage der Ethik zu. So glauben nur 53 Prozent der Befragten, dass ihre Organisationen die ethischen Fragen im Zusammenhang mit KI in vollem Umfang berücksichtigt haben. Mitarbeiter sorgen sich hauptsächlich um die Sicherheit ihrer Daten (43 Prozent), ihren Arbeitsplatz (40 Prozent) und um die zunehmende Autorität von Maschinen (30 Prozent). Dabei ist zusätzliche Kommunikation und Aufklärung nötig, die den Angestellten die Befürchtung nimmt, ihren Arbeitsplatz an Roboter zu verlieren oder zum gläsernen Menschen zu werden.

Optimierung durch die Big-Data-Verarbeitung

Analysen, die auf Big Data basieren, können die Pharma- und Life-Scienes-Industrie in vielerlei Hinsicht optimieren. Die prädiktive Analytik kann beispielsweise mit viel breiteren und vielfältigeren Daten arbeiten. Um die geeignetsten Kandidaten für klinische Studien zu identifizieren, könnten Informationen, einschließlich solcher aus Social-Media und Krankenhausbesuchen, mit genetischen Daten kombiniert werden. Das würde die Versuche präzisieren sowie zur Minderung der Kosten und Durchlaufzeiten führen. Bei den Konsumenten sind die Vorteile unterdessen noch nicht gänzlich angekommen. Durch das Inkrafttreten der EU-weiten Datenschutz-Grundverordnung soll der Schutz von personenbezogenen Daten innerhalb der Europäischen Union sichergestellt werden. Neben all den Vorteilen bedeutet dies für viele Unternehmen verlangsamte Prozesse aufgrund wachsender Bürokratie. Die Regulierungen könnten die Branche daran hindern, KI in vollem Umfang zu nutzen. Eine weitere Sorge ist der Jobverlust durch neue Technologien. Viele der Angestellten fürchten, dass durch KI-Technologien zukünftig ihr Arbeitsplatz wegfallen könnte. KI wird Routineaufgaben übernehmen und besser machen als der Mensch und bietet auch neue Möglichkeiten in Bezug auf die Entwicklung, Verbesserung, Verwaltung und Wartung von Technologien. Die Bereiche Datentechnik, Robotik und Biotechnologie rücken zunehmend in den Fokus. Zukünftig werden Tätigkeiten Kreativität und freies Denken fördern statt mechanischer Präzision. Die Pharma- und Life-Sciences-Branche ist optimistisch. 78 Prozent der befragten Führungspersonen geben an, die Mitarbeiter ungeachtet der Arbeitsübernahme durch Maschinen weiterhin zu beschäftigen. Sie wollen die betroffenen Angestellten innerhalb des gleichen Funktionsbereichs umstellen beziehungsweise zu einer völlig neuen Rolle oder Funktion umschulen. Viele Sorgen rühren außerdem daher, wie autonom Roboter Befehle erteilen und umsetzen dürfen. Computer können zwar bereits Emotionen erkennen, entscheiden aber rein aufgrund von Daten und Informationen. Bei ethischen Fragestellungen sollte immer das Fachpersonal Befugnisse erteilen.

Implementierungskosten müssen sinken

Bei der Implementierung von KI-Lösungen spielen zudem die Kosten eine Rolle. Durchschnittlich haben die Unternehmen im letzten Jahr branchenübergreifend etwa 6,2 Millionen Euro in KI investiert. Von den befragten Entscheidern in allen Bereichen räumen 51 Prozent ein, dass die Kosten für KI-Lösungen noch weiter gesenkt werden müssen, bevor sie wirksam im eigenen Unternehmen eingesetzt werden können. Anders ist das in der Pharma- und Life-Sciences-Branche: Hier sehen die Befragten große Chancen für Kostenreduktionen. Wirkstofftests und die anschließende Produktion sind langwierige und teure Verfahren. Der Prozess der Medikamentenentwicklung, der durchnittlich zehn bis 15 Jahre und über eine Milliarde Dollar an Investitionen in Anspruch nimmt, wirft einen langen Schatten auf die Innovationsfähigkeit der Industrie. Neue Technologien können die Medikamentenentwicklung beschleunigen und die Fehlerquote reduzieren. Etwa 50 Prozent der Befragten erklären, dass sie bereits Kostenreduktionen und Produktivitätsverbesserungen durch KI erlebt haben, indem Produkte schneller auf den Markt gebracht werden können und ein besserer Return on Investment erzielt wird. Wie sich die Akzeptanz in der Branche weiter entwickelt, bleibt abzuwarten. Jedoch sind vollständige Behandlungsmethoden und lebensrettende Maßnahmen wichtige Parameter in der Praxis – und KI trägt zu beidem bei. Im Pharmabereich kann KI Zeit einsparen. Sie steht allerdings noch vielen Barrieren gegenüber. Sorgen über die Jobsicherheit und Privatsphäre sowie die Einführung der DSGVO beeinflusst die Branche, doch die Chancen werden erkannt: Für rund 76 Prozent der befragten Entscheider aus IT und Management bildet KI eine Kernkomponente für den Unternehmenserfolg und wird in Zukunft unentbehrlich sein.

Infosys Consulting

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