Kalkulation digitalisieren
Damit künstliche Intelligenz irgendwann einmal in der Produktkostenkalkulation eingesetzt werden kann, gilt es bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, wie die Standardisierung und Digitalisierung der Produktkostenkalkulation. Im Gegensatz zur Buchhaltung gibt es in der Produktkostenkalkulation keine Standards. Die braucht es aber, um Daten einheitlich zu berechnen, um aus verschiedenen Quellen sinnvoll zu kombinieren und für eine KI-Technologie zu nutzen. Die Digitalisierung der Kostenkalkulation ist damit eine zentrale Voraussetzung für ein Predictive Costing. Product Costing-Software bietet dafür eine gute Grundlage. Damit lässt sich schon heute ein Kostenmanagement zur unternehmensweit einheitlichen und transparenten Produktkostenkalkulation über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts digital unterstützen. Unternehmen können auch ihre ERP- oder PLM-Systeme zur Produktkalkulation nutzen. Dann müssen zunächst die kostenrelevanten Daten, soweit überhaupt vorhanden, aus den unterschiedlichen Quellen konsolidiert werden. Ergebnisse bleiben dabei oft ungenau. Dedizierte EPC-Anwendungen sind darauf ausgelegt, Fallstricke wie diese systematisch zu umgehen. Und sie könnten in Zukunft noch intelligenter werden.
Produktkosten-Lösung im Kontext der restlichen Business-IT.
(Bild: Factom GmbH)
Umwege über die Cloud
Bevor sich die Daten einer Produktkalkulations-Lösung durch KI-Routinen bearbeiten lassen, müssen die Hersteller solcher Lösungen eine passende Plattform bereitstellen, also im Regelfall eine Cloud-Infrastruktur, auf der kalkulationsrelevante Daten umfassend und standardisiert zur Verfügung stehen. Die Entwicklung von KI-Lösungen oder die intelligente Erweiterung bestehender Anwendungen braucht Speicherplatz, Zugang zu Rechenleistung und Konnektivität, wie es fast nur per Cloud-Anbindung zu realisieren ist. Dies ermöglicht zudem eine flexible und skalierbare IT-Infrastruktur, die Anforderungen wie Services, Protokolle und Sicherheitsmechanismen gerecht wird.
KI und der Faktor Mensch
Trotz aller technischen Maßnahmen werden Algorithmen, die eine KI-Anwendungen bestimmen, ein Produkt menschlicher Berechnungen bleiben. Eine KI, wie Siri oder das Übersetzungstool Deepl, lernt z.B. aus solchen Algorithmen, geht jedoch auf unbekanntem Terrain verloren. Unbekanntes Terrain wird erreicht, wenn die verfügbaren Datenmengen nicht ausreichen oder weil es keine Datenvielfalt bei den Ausgangsdaten gibt. Das System ist also immer nur so gut, wie es gepflegt wird. Wird bei den Ausgangsdaten auf Datenvielfalt verzichtet oder sind die Daten nicht repräsentativ oder einseitig, werden Ergebnisse verzerrt. Für die Entwicklung von Algorithmen spielt daher der Mensch, der die Algorithmen schreibt, der Verwendungszweck und die Diversität der Ausgangsdaten eine entscheidende Rolle. Stetige Trainings und Schulungen für Menschen, die mit Algorithmen arbeiten, sensibilisieren für potentielle Verzerrungen. Künstliche Intelligenz wird eine noch breitere Akzeptanz in Gesellschaft und Wirtschaft erfahren, wenn Ergebnisse nachvollziehbar werden. Für die Automatisierung der Geschäftsprozesse, und so auch für die Kalkulation der Produktkosten, wird künstliche Intelligenz zur noch größeren Triebfeder, wenn die Entscheidungen in der KÍ-Anwendung erklärbar werden. Die sogenannte XAI (Explainable Artificial Intelligence) macht Entscheidungsprozesse nachvollziehbar. Ein Beispiel zur Erläuterung: Wer eine Person fragt, anhand welcher Parameter sie einen Gegenstand erkannt hat, bekommt eine klare Antwort. Nicht so innerhalb der IT: Ein Computer nennt mithilfe der KI den erkannten Gegenstand, nicht aber die Erklärung, anhand welcher Faktoren der Gegenstand identifiziert wurde. XAI lernt, handelt und entscheidet nicht nur selbstständig, sondern erläutert auf welchen Merkmalen basierend es seine Entscheidung zur Identifizierung gestützt hat. Die Beantwortung der Frage nach dem Warum ist ein erheblicher Mehrwert für Unternehmen, weil auf die Systematik einer Black Box verzichtet wird und es nachvollziehbare Begründungen gibt.