Die autonome Lieferkette

Der Einsatz künstlicher Intelligenz kann Firmen dabei helfen, Engpässen in Lieferketten vorzubeugen - und das in manchen Fällen sogar ohne menschliches Zutun. Mit dem Konzept von digitalen Kontrolltürmen lassen sich Lieferkettenabläufe transparent visualisieren.

 

 

Bild: ©enanuchit/stock.adobe.com

Die Wertewahrnehmung verändert sich zusehends. Nachhaltigkeit ist in aller Munde und Unikate, bei denen die Kunden ihr Produkt selbst konfigurieren können, lösen nach und nach die Massenproduktion ab. Das hat auch Auswirkungen auf die Supply Chain. Einzelanfertigungen bedürfen keiner Lagerhaltung und die Materialien werden bedarfsgerecht geliefert. Während die Lieferkette auf Grund einer Vielzahl variabler Zuliefererprodukte immer komplexer wird, steigt der Zeitdruck – kleine Verzögerungen bei Herstellung oder Lieferung können Komplikationen auf allen Ebenen nach sich ziehen, daher müssen Produktion, Transport und Warenlagerung bestmöglich zusammenspielen. Darüber hinaus spielt die Transparenz eine wichtige Rolle – sowohl in punkto Visibilität und Prognose, als auch in Bezug auf die Rückverfolgbarkeit, beispielsweise zur Sicherstellung der Nachhaltigkeit eines Endprodukts. Um die unterschiedlichen Komponenten wirtschaftlich zu integrieren, bedarf es eines flexiblen Managements und einer optimierten Supply Chain.

Planbarkeit optimieren

Geht es um die Optimierung von Planbarkeit, Analysen und die operativen Prozesse, kann künstliche Intelligenz helfen. Sobald Variablen auftreten, liefern Algorithmen präzisere Prognosen und Entscheidungshilfen. Mittels künstlicher Intelligenz können, auf Basis entsprechend umfassender Datensätze, Ereignisse vorhergesagt und Entscheidungen autonom getroffen werden – beispielsweise wenn es um Maschinenausfälle geht.

Auf den Zufall vorbereitet sein

Aber auch bei zufällig eintretenden Ereignissen kann künstliche Intelligenz etwas leisten. Fällt beispielsweise eine Lieferung durch einen defekten LKW aus, kann es dadurch zu Verzögerungen in der Fertigung kommen, was wiederum eine Verspätung bei der Warenauslieferung nach sich zieht. KI kann durch Vorhersagen dabei unterstützen, rechtzeitig Abläufe im Fertigungsprozess anzupassen, indem beispielsweise andere Produktionsprozesse vorgezogen werden, bevor gravierendere Konsequenzen entstehen.

Interne und externe Daten

Die Voraussetzung für einen funktionierenden Umgang mit KI sind umfassende Datensätze – beispielswesie aus dem ERP-System oder Logfiles von Maschinen. Je größer und umfangreicher die Datenbasis, auf welche die KI zurückgreifen kann, desto besser sind die Prognosen. Stehen die Daten aller beteiligten Akteure für die Analyse zur Verfügung, lassen sich hochpräzise Vorhersagen treffen. Hinzu kommen externe Informationen wie beispielsweise Wetterdaten. Ziel ist es, die gesamte Wertschöpfungskette zu optimieren. Der Schutz der Daten wird dabei durch Cloudplattformen mit hohen Sicherheitsstandards, wie beispielsweise Microsoft Azure sichergestellt. Zudem unterliegen die Daten strikten Zugangsberechtigungen.

Signale interpretieren

Um die gesamte Lieferkette zu verstehen, müssen Milliarden von Informationen sowie komplexe Signale interpretiert werden. Dazu hat der Supply-Chain-Management-Plattformanbieter JDA den Luminate ControlTower entwickelt. Dieser basiert auf einer einheitlichen, kognitiven und vernetzten Plattform und ermöglicht eine Überwachung der Lieferungen in Echtzeit. Der ‚digitale Kontrollturm‘ hilft dabei dabei, den Überblick zu behalten und Lieferkettenabläufe von Anfang bis Ende zu visualisieren. So ist die Supply Chain transparent und eine lückenlose Rückverfolgung möglich. Gerade wenn es darum geht, die Herkunft von Waren nachzuweisen oder menschenwürdige Produktionsbedingungen, ein nachhaltiges Endprodukt oder Warenechtheit zu garantieren, nimmt dieser Faktor immer mehr Bedeutung an. Auch für Gewährleistungsfragen ist es wichtig, den Weg der Einzelteile zurückverfolgen zu können. Darüber hinaus verbinden die KI-gesteuerten Kontrolltürme scheinbar unabhängige Signale miteinander. Auf dieser Basis können dann nicht nur Lieferkettenstörungen vorhergesagt, sondern auch intelligente Handlungsempfehlungen abgegeben und zukünftige Nachfrageänderungen berücksichtigt werden.

Die Kette im Blick

Zeichnet sich beispielsweise die Verspätung einer Schiffslieferung auf Grund des Wetters ab, wird dies für alle Beteiligten angezeigt. Die KI kann eingreifen und beispielsweise Produkte aus einem anderen Verteilerzentrum anfordern. Bei diesem Eingriff behält die KI weiterhin die komplette Supply Chain im Blick und verhindert so, dass an anderer Stelle Probleme auftreten. Kommt es zu größeren Eingriffen, ist eine Autorisierung des zuständigen Disponenten notwendig. Irgendwann soll die KI dann gänzlich autonom arbeiten. Mithilfe von Machine Learning erlernt der autonome Planungsassistent eigenständig Lösungsstrategien zu entwickeln, zu optimieren und umzusetzen.

Kultureller Wandel

Die Einführung von KI-Technologien in der Supply Chain sollte immer mit einem kulturellen Wandel im Unternehmen einhergehen. Gerade für Disponenten ist KI eine Chance, da kleinteilige, fehleranfällige Tätigkeiten wegfallen und somit Kapazitäten für komplexere Aufgaben frei werden. Es gilt also, Vorbehalte abzubauen und aufzuzeigen, wie KI bei der Arbeit unterstützen kann. Denn die KI-gestützte, autonome Supply Chain ist letztendlich ein großer Schritt in Richtung Industrie 4.0.

JDA Software UK Ltd.
www.jda.com

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