Roboter als Mediziner
Jeder zweite würde sich von KI-Arzt operieren lassen
Eine Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC unter mehr als 11.000 Teilnehmern aus zwölf Ländern liefert auf diese Frage nun Antworten. So zeigten sich 55 Prozent der Menschen offen für den Gedanken, klassische ärztliche Tätigkeiten künftig vermehrt durch AI und Robotik erledigen zu lassen. Knapp die Hälfte der Befragten meinte zudem, sie würde sich, wenn es um einen kleineren Eingriff geht, sogar von einem Roboter operieren lassen.
‚Assistant Intelligence‘ anstatt ‚Artificial Intelligence‘
„Ob es uns gefällt oder nicht: Die Zukunft der Medizin liegt eindeutig im vermehrten Einsatz von technologischen Hilfsmitteln“, sagt Michael Burkhart, Leiter des Bereiches Gesundheitswesen und Pharma bei PwC Deutschland. Dies dürfe man sich zwar nicht so vorstellen, dass künstliche Intelligenz und Robotik den Arzt tatsächlich ersetzen. „Wohl aber werden sie ihm immer mehr Aufgaben abnehmen.“ Statt von ‚Artificial Intelligence‘ könne man daher auch von ‚Assistent Intelligence‘ sprechen, berichtet Burkhart: „Der Roboter als rechte Hand des Arztes.“ In der Gesundheitsbranche wird die zunehmende Bedeutung von künstlicher Intelligenz momentan unter dem Schlagwort ‚New Health‘ diskutiert. Dabei geht es nicht nur um den Operationssaal. Zu diesem Trend gehören auch neuartige Apps, die die Gesundheitsvorsorge erleichtern. Ein weiteres Beispiel sind AI-basierte Technologien, die die Diagnostik revolutionieren könnten – so lässt sich Brustkrebs schon jetzt mit viel größerer Genauigkeit erkennen als noch vor wenigen Jahren. Zudem ermöglichen Big-Data-Anwendungen bei vielen Krankheiten völlig neue, individuelle zugeschnittene Behandlungsmethoden.
„Kein düsteres Zukunftsszenario, sondern eine große Chance“
In den Resultaten der PwC-Umfrage sieht Burkhart ein ermutigendes Signal: „Offensichtlich sind viele Menschen bereit, den anstehenden Paradigmenwechsel in der Medizin nicht nur zu akzeptieren – sondern sie unterstützen ihn sogar, wenn sie sich davon entsprechende Behandlungserfolge erwarten dürfen.“ In Deutschland sehen die Befragten die Entwicklung zwar etwas skeptischer als in anderen Ländern, doch auch hierzulande zeigten sich 41 Prozent bereit, bei wichtigen Gesundheitsfragen auf AI und Robotik zu vertrauen. Was ‚kleinere Eingriffe‘ wie etwa eine Laser-OP an den Augen betrifft, äußerten sogar der 43 Prozent der Befragten in Deutschland Zustimmung – natürlich immer vorausgesetzt, Roboter sind für die entsprechenden Eingriffe nachweislich besser geeignet als Menschen. „Auch in Deutschland sehen die meisten Menschen in ‚New Health‘ kein düsteres Zukunftsszenario, sondern eine Chance für die eigene Gesundheit“, sagt Burkhart.
Macht ‚New Health‘ die Medizin für mehr Menschen bezahlbar?
Dabei knüpfen die Befragten die Einführung von Behandlungsverfahren, die auf AI und Robotik beruhen, vor allem an drei Bedingungen: So sollen die neuen Methoden erstens schneller und genauer als herkömmliche Verfahren sein, zweitens müssen die neuen Methoden so etabliert sein, dass man ihnen wirklich vertrauen kann, und drittens sollen sie generell dafür sorgen, dass mehr Menschen Zugang zu medizinischer Versorgung erhalten.
Mehr Zustimmung bei schlechterem Gesundheitssystem
Für Burkhart ist vor allem der dritte Punkt interessant. Denn: Ins Auge fällt, dass die Zustimmung zu neuen Behandlungsmethoden vor allem in solchen Ländern hoch ist, deren Gesundheitssystem deutlich schlechter funktioniert als etwa in Deutschland oder in Schweden. So zeigten sich in Südafrika 82 Prozent der Befragten sehr offen für AI und Robotik, in Nigeria sogar 94 Prozent. „Für viele Menschen auf dieser Welt geht es eben nicht um die Frage, ob sie sich lieber von einem Menschen oder einem Roboter operieren lassen – sondern ob es überhaupt einen Zugang zu medizinischen Leistungen für sie gibt. Aus globaler Sicht könnte ein Versprechen von ‚New Health‘ auch darin liegen, die Gesundheitsversorgung soweit zu maschinisieren, dass sie eines Tages für deutlich mehr Menschen bezahlbar wird. Für das deutsche Gesundheitswesen spielt der Zugang weniger eine Rolle, denn dieser wird in Deutschland als sehr gut angesehen. Assistant Intelligence wird hierzulande als Teil der Antwort auf den Fachkräftemangel und ein selbstbestimmteres Leben bei chronischer Erkrankung angesehen.“, berichtet Burkhart.